OEGP Chor in Dresden

Der Chor unseres Gymnasiums hat im Mai 2020 die Gelegenheit bekommen, sich an einem internationalen Projekt gegen Antisemitismus zu beteiligen. Unter dem Schutz der Jüdische Woche Dresden haben wir an die Zusammenarbeit mit der Direktorin des Festivals Frau Avery Gosfield angeknüpft und mit den Vorbereitungen begonnen. Wegen der schlechten pandemischen Situation wurden die Termine der vorbereiteten Konzerte mehrmals verschoben und bis zum letzten Moment war es nicht klar, ob sie überhaupt stattfinden können.

Praktisch erst im Juni 2021 konnten wir üben, bis dahin war das Singen in Schulen verboten. Die Lieder, die auf den Konzerten erklingen sollten, wurden für unseren Chor von Frau Sasha Lurje angepasst. Sasha ist eine anerkannte Sängerin aus Berlin. Sie kommt aus Riga in Litauen und spezialisiert sich auf Jiddische Interpretationen, unterrichtet und gibt Konzerte weltweit.  Die ersten Treffen sind in Online-Form zuerst in leicht unsicherer Atmosphäre verlaufen. Singen mit Abständen unter den SängerInnen, verlangsamte Reaktionen und auch das Feedback bei Online-Übertragung sind nicht ideal für den Chor. Niemand von uns hat die Lieder im Voraus gekannt, also war die Arbeit wirklich anspruchsvoll. Persönlich haben wir Sascha am 17. und 18. September kennen gelernt, als sie nach Prag kam. Damals haben sich alle Mitglieder des Chores endlich getroffen. Nach ein paar Stunden ist es uns gelungen einigen Liedern klare Umrisse zu geben, ein Dreiklang war zu hören und auch die Aussprache nährte sich der verlangten Jiddischen an.

Am Dienstagnachmittag sind wir voller Erwartungen in den Bus eingestiegen und haben uns auf den Weg nach Dresden gemacht. Problemlos haben wir die tschechisch-deutsche Grenze überquert, im Hostel Mondpalast sind wir untergekommen und haben dort auch zu Abend gegessen. Am nächsten Tag sind wir früh aufgestanden und nach 9 Uhr haben wir uns im Evangelischen Kreuzgymnasium gemeldet. Zuerst haben wir unsere Stimmen kurz aufgewärmt, im Chor eine Probe gemacht und uns dann in der Aula den hiesigen SchülerInnen angeschlossen, die mit ihrem Professor, Herrn Dietrich Zöllner, in einem Orchester mit 16 Mitgliedern gespielt haben. Eine tolle Musikerin, die Holländerin Sanne Möricke, hat uns mit dem Akkordeon begleitet. Die ganze Probe wurde von Sasha und ihrem amerikanischen Partner Craig Judelman, einem ausgezeichneten Geiger und Kapellmeister, geführt. Das verdiente Mittagessen hat allen geschmeckt.  Nach einer kurzen Mittagspause im Hostel haben wir uns feierlich angezogen und sind durch den Stadtpark in die Theaterruine St.Pauli Dresden gegangen. Die Kirche vom Ende des 19. Jahrhunderts wurde im Frühling 1945 durch Bombenangriffe beschädigt, im Laufe des 20. Jahrhunderts wurde sie mehrmals rekonstruiert. Die jetzige attraktive Gestalt hat sie vor ungefähr 10 Jahren angenommen. Der die fantastische Geschichte mit der Gegenwart verbindende Raum hat uns gleich bezaubert – auf den ersten Blick gemeinsam mit dem ersten Klang.

Wir haben im Garten und auf der Bühne geübt. Ein Moment haben wir einen kleinen Snack gegessen und dann haben wir uns schön angekleidet. Dann wurde der Himmel dunkel, die Reflektoren haben zu strahlen begonnen und das Publikum hat uns herzlich begrüßt.

Plötzlich haben wir uns sicherer und stärker gefühlt. Unsere Musikinstrumente haben für uns gespielt, die Stimmen haben für die Instrumente gesungen – es war egal, ob man im Chor steht oder im Orchester sitzt. Es war auch egal, ob die SolistInnen zum Publikum oder zu den Mitwirkenden gekehrt waren. Die Musik hat in uns und um uns herum geklungen. Die Konzentration war mit Freude verbunden, fast jedeR hat gelächelt und einige haben geweint. Es war egal, woher man kommt, es war egal, woran man glaubt… die Musik hat uns alle ohne Unterschied mitgerissen.

Obwohl wir nicht früh aufstehen mussten, konnten wir in der Nacht auf Donnerstag nicht schlafen. Die Musik klang in unseren Ohren bis in die Nacht nach, Day Day Da Din Day Day klopfte in unseren Köpfen und anstatt des Weckers weckte uns Hop! Tsuna tsuna.

Den Vormittagsstadtrundgang durchs Zentrum von Dresden haben wir genossen. Wir haben eine Menge Selfies und Fotos gemacht, einige haben es geschafft, die Aufgabe für den Deutschunterricht zu erfüllen und einen kurzen Videobeitrag aufzunehmen (so lustige Polizisten sind schwer zu finden!). Von der sächsischen Hauptstadt haben wir uns stilvoll verabschiedet – im  ausgezeichneten Restaurant Codo.

Wir haben uns wie auf einer Tournee gefühlt. Unser Gepäck wurde in den Minibus von PragoTour gelegt und wir sind nach Teplice gefahren, die Reise ist so schnell vergangen, dass wir es nicht geschafft haben, alle Hits aus den 80ern zu singen. Am Gymnasium in Teplice hat auf uns eine nette Begrüßung gewartet, für jedeN etwas zu essen und trinken. Das Konzert am Donnerstag hat uns in die Kapelle Beuronská kaple geführt – den Raum mit bewegter Geschichte und herrlichen Wandmalereien. Während der Probe mussten wir uns an die spezifische Akustik, während des Konzertes dann auch an den Mangel an Raum und an ein relativ kaltes Publikum anpassen. Zum Schluss haben wir das geschafft, also das Schlussbrumendo aller Mitwirkenden bei …. sholem  aheym, aheym… klang durch den Raum einige lange Sekunden.

Danach wurden wir auf dem Chor fotografiert und kam die Überraschung, um die sich SchülerInnen aus dem Orchester gekümmert haben. Sie haben in der schon leeren Kapelle gestanden und begannen so herrlich zu singen, dass sogar die über uns gemalten Heiligen weich wurden. Es war klar, dass wir heute auch nicht einfach einschlafen würden…. 

Beim gemeinsamen Abendessen zeigten SchülerInnen beider Gymnasien gutes Verhalten und sehr gute Sprachkenntnisse. Es wurde mit Freude und herzlich geplaudert. Die Heimfahrt konnten wir nicht mehr verschieben  und wieder wurde gesungen, In ades lernte auch unser Busfahrer.

Die Tatsache, dass dieser Ausflug in diesen komplizierten Zeiten realisiert werden konnte, halten wir für ein kleines Wunder. Dazu hat uns unsere eigene Entschlossenheit und natürlich auch die Unterstützung der Schulleitung, KollegInnen, Studienabteilung und Eltern geholfen.  Ebenfalls eine perfekte Organisation und Flexibilität auf der deutschen Seite, dafür danken wir Frau Susanne Ansorg.

Danke, es war wunderschön!

Mgr. Kamila Tůmová und Mgr. Radana Vlčková


Fotogalerie …